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Einfach lieben

Expedition zu einer glücklichen Beziehung | Anna Wilitzki

E-Book (EPUB)
2024 Rowohlt Verlag Gmbh
Auflage: 1. Auflage
272 Seiten
ISBN: 978-3-644-01902-7

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€ 14,99

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Kurztext / Annotation
Geschichten aus der Praxis einer Paartherapeutin mit großer emotionaler Tiefe und vielen Aha-Erkenntnissen für den Beziehungsalltag Paartherapeutin Anna Wilitzki zeigt die Paarkonflikte, die immer wieder auftauchen, welche Muster dahinterstecken und wie sie zu lösen sind. Denn: Meinungsverschiedenheiten sind ganz normal - entscheidend ist, wie man mit ihnen umgeht. Unterhaltsam und fundiert berichtet sie aus ihrem Praxisalltag und erklärt, wie eine gute Liebesbeziehung am Ende doch gelingt und der Zauber vom Anfang bestehen bleibt.

Psychologin und Paartherapeutin Anna Wilitzki hilft Paaren in ihrer Praxis in Berlin, sich auf emotionaler Ebene neu zu begegnen und Konflikte im Zusammenleben gemeinsam zu bewältigen. In diversen Podcasts sowie TV- und Radio-Interviews berichtet sie von neuesten Erkenntnissen und aktueller Forschung sowie ihrer Erfahrung aus dem Praxis- und Therapiealltag.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Isabel und Philipp

Philipp ist das, was man eine Erscheinung nennen kann: bestimmt einsfünfundneunzig groß, sehr schlank, breite Schultern, dunkle Haare, hellgrüne Augen und ein offenes Lächeln. Sein cremeweißes Leinenhemd ist lässig und stilvoll zugleich, es passt ihm wie angegossen. Ich erwische mich bei dem Gedanken, dass dieser Mann auch mit Ende 30 und nach neun Jahren Ehe noch einen extrem hohen Marktwert hat und das vermutlich auch weiß.

Doch als er auf meinem blauen Sofa Platz genommen hat, wirkt er plötzlich blass und schmächtig. Er sitzt leicht nach vorne gebeugt, hat die Handflächen aufeinandergepresst und zwischen den angespannten Beinen verstaut, den Blick nach unten gerichtet. Isabel ist etwas jünger als er, mittelgroß, von der Figur ein bisschen kräftiger, aber ebenfalls schlank, mit sehr geradem Rücken. Sie hat einen festen Händedruck, mittelblonde Haare und auffällig warme, hellbraune, fast bernsteinfarbene Augen. Ihr petrolfarbenes Kleid sieht neu aus, geschmackvoll. Man könnte nicht sagen, dass es ihr nicht steht, aber es wirkt etwas unbequem. Ich vermute, dass sie es nicht gewohnt ist, solche Kleider zu tragen. Vielleicht ist es auch ein Schutzanzug?

Sie fängt sofort an zu reden und bewundert den goldenen Lampenschirm an der Decke, wie gut das Klimt-Gemälde dazu passe, wie beruhigend die blauen Wände wären, wie angenehm die Atmosphäre sei. Dabei sitzt sie neben ihrem Mann auf der Couch so weit vorne auf der Kante, wie es nur geht. Als müsse sie sofort bereit sein, falls es einen Feueralarm gibt und wir in der Sekunde das Gebäude verlassen müssen. Sie schaut Philipp einen kurzen Moment von der Seite an, wartet und stößt dann hervor: «Sie wissen ja, warum wir hier sind!» Sie sieht mich an und wiederholt es nun trotzdem: «Philipp ist fremdgegangen.» Philipp bewegt sich nicht, schaut nicht auf, sondern weiter auf den Teppich vor seinen Füßen, nur seine Beine scheinen sich noch etwas mehr anzuspannen. «Ich habe es seit über einem Jahr gespürt», fügt Isabel an. Ihre Stimme wird lauter: «Aber er hat es vehement geleugnet!»

«Weil damals nichts war», sagt Philipp leise. Er wirkt wie ein kleiner Junge, der ausgeschimpft wird.

«Angeblich!», erwidert Isabel, weiterhin an mich gewandt. «Angeblich war nie etwas. Außer der einen Nacht, vor ein paar Wochen mit dieser Kollegin!» Das Gelbe in ihren braunen Augen funkelt.

Natürlich muss ich mich hüten, vorschnelle Urteile zu fällen. In seine eigenen Hypothesen darf man sich nie zu schnell verlieben. Auch wenn sich hier schon jetzt penetrant der Verdacht aufdrängt, dass ich - wie man in der emotionsfokussierten Therapie sagt - einen «Rückzügler» und seine «Verfolgerin» vor mir habe. Selbstverständlich gibt es viele andere Paarungen. Aber diese beiden Typen finden besonders oft zusammen. Frauen sind öfter Verfolgerinnen. Aber beide Geschlechter kommen in jeder Rolle vor. Die entstehende Dynamik ist für beide fast immer sehr anstrengend und schmerzhaft. Verfolger:innen sind Menschen, die im Streit häufig wütend werden und auch laut. Daher wirkt es oft so, als ob er oder sie jedes Mal den Konflikt beginnen würde. Sie äußern meist viele Vorwürfe und möchten Probleme unbedingt klären - auch wenn ihnen die dahinterstehende Problematik und deren Wichtigkeit während des Konflikts selbst nicht unbedingt bewusst sind. Sie wollen reden, wenn nötig auch mit Streit. Rückzügler:innen hingegen sind Menschen, die gelernt haben: Wenn wir streiten, geht es mir schlechter. Dann geht es auch meiner Partnerin bzw. meinem Partner schlechter und schließlich unserer Beziehung. Also sagen sie im Konfliktfall wenig bis gar nichts. Rückzügler:innen fühlen sich komplett unwohl im Streit. Auch weil sie oft nicht sehr kommunikativ sind und vieles lieber mit sich selbst ausmachen. Aber bei Isabel und Philipp ist das alles bis jetzt nur eine vage Annahme.

«Ich habe es die ganze Zeit gespürt!», fäh