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SS-GB

Thriller | Len Deighton

E-Book (EPUB)
2018 Heyne Verlag; Harper
448 Seiten
ISBN: 978-3-641-22334-2

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Kurztext / Annotation
Februar 1941. England wird von deutschen Truppen besetzt. Winston Churchill stirbt, die SS regiert in Whitehall. In diesen dunklen Stunden wird Inspector Archer, der für Scotland Yard arbeitet, mit einem Mordfall beauftragt. Routine, so scheint es. Doch dann stellt sich heraus, dass der Ermordete brisante Pläne zu einer schrecklichen Waffe bei sich trug. Archer befindet sich plötzlich zwischen den Fronten der Nazis und des Widerstands. Es beginnt ein Kampf um England ... ein Kampf um die Menschlichkeit.

Len Deighton, 1929 in London geboren, gilt als einer der erfolgreichsten englischen Spannungsautoren. Seine Thriller und historischen Romane waren allesamt internationale Bestseller. Deightons Klassiker SS-GB ist die Grundlage für die aktuelle große TV-Verfilmung mit Sam Riley und Kate Bosworth in den Hauptrollen.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

1

»Himmler hat den König im Tower festsetzen lassen«, berichtete Harry Woods, »aber jetzt sagen die deutschen Generäle, die Wehrmacht solle ihn bewachen.«

Der andere Mann beschäftigte sich mit den Papieren auf seinem Schreibtisch, ohne sich dazu zu äußern. Er drückte einen Gummistempel ins Stempelkissen und knallte ihn auf den Tagesbericht: »Scotland Yard, 14. November 1941«. Unglaublich, dass der Kriegsbeginn erst zwei Jahre zurücklag. Jetzt war alles vorbei und verloren. Es gab so viel Schreibarbeit zu erledigen, dass noch zwei Schuhkartons den überquellenden Papierkram aufnehmen mussten, Schuhe Marke »Dolcis«, Größe 37, erstklassige Lederpumps, hochhackig, schmale Form.

Superintendent Douglas Archer kannte nur eine Frau, die solche Schuhe kaufte - seine Sekretärin.

»Tja, das sagen jedenfalls die Leute«, fügte Harry Woods hinzu. Der schon etwas bejahrte Polizeisergeant war sozusagen die andere Hälfte des »Mord-Teams«.

Douglas Archer zeichnete den Tagesbericht ab und warf ihn in den Ablagekorb. Dann blickte er sich im Raum um und nickte. Es war schon ein jämmerliches Büro: die grün und cremefarben gestrichenen Wände altersgeschwärzt, die kleinen, bleigefassten Fensterscheiben vom rußigen Regen derart verschmiert, dass den ganzen Tag das elektrische Licht brennen musste.

»Mach's nie auf deiner eigenen Schwelle«, riet Harry, nun, da es für gute Ratschläge ohnehin zu spät war. Jeder andere als Harry, weniger dreist, weniger redselig und wohlmeinend, hätte es hiermit gut sein lassen. Doch Harry übersah das gequälte Lächeln seines Vorgesetzten. »Mach's lieber mit der Blondine oben in der Registratur oder mit dem dickbusigen deutschen Verbindungsweib von der Waffen-SS. Die soll darin übrigens recht munter sein, heißt es. Aber mit der eigenen Sekretärin?« Harry Woods verzog das Gesicht.

»Du verbringst zu viel Zeit damit, auf das zu hören, was die Leute reden«, meinte Douglas Archer gelassen. »Da hakt es bei dir, Harry.«

Harry Woods hielt dem missbilligenden Blick stand, ohne mit der Wimper zu zucken. »Einer von der Polizei sollte überhaupt keine Zeit damit verbringen, auf das zu hören, was die Leute sagen, Chef«, meinte er. »Und wenn du den Tatsachen mehr Beachtung schenken wolltest, wäre dir inzwischen schon klar geworden, dass du zwar ein sagenhafter Kriminaler sein magst, aber ein miserabler Menschenkenner - da hakt's bei dir!«

Es gab nicht viele Polizeisergeants, die es gewagt hätten, so mit Douglas Archer zu reden, doch diese beiden Männer kannten einander schon seit 1920. Damals war Harry Woods ein fescher junger Polizist gewesen, mit dem Ordensband der Militärverdienstmedaille auf der Brust, dessen Revier mit den gebrochenen Herzen hübscher kleiner Hausgehilfinnen übersät und mit heißen Fleischpastetchen verliebter Köchinnen gepflastert war, und Douglas Archer war noch ein neunjähriger Knabe und stolz darauf, mit ihm im Gespräch gesehen zu werden.

Bis Douglas Archer dann schließlich als frischgebackener Inspektoranwärter von der Hendon-Polizeiakademie kam, mit nicht mehr Polizeidiensterfahrung, als man sie eben hat, wenn man sich vorwiegend an dem Pedell der Hochschule vorbei und durch Oxfords Hintergässchen drückt.

Harry wusste alles, was ein Polizist wissen muss. Und noch einiges mehr. Er wusste von jedem Nachtwächter, um welche Zeit der sich seinen Tee aufbrühte, und befand sich, wenn es regnete, tunlichst immer in der Nähe eines trockenen Unterstellplatzes. Harry Woods wusste, unter welchen der verschiedenen Kehrichthaufen Geld zu finden war, und er nahm auch nie mehr als ein Drittel davon, damit der Ladenbesitzer nicht etwa auf eine andere Methode verfiel, die Straßenkehrer für ihre Extradienste zu entlohnen. Doch das war alles schon lange her, noch bevor Harry, dank der Großzügigkeit der Wirte und Schankkellner, zu seinem geröteten Gesicht und einem beträchtlich erweiterten Hosenbund gekommen war, lange