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Die Ermordung des Commendatore, Eine Idee erscheintOverlay E-Book Reader

Die Ermordung des Commendatore, Eine Idee erscheint

Roman | Haruki Murakami

E-Book (EPUB)
2018 Dumont Buchverlag
Auflage: 1. Auflage
475 Seiten
ISBN: 978-3-8321-8988-4

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Kurztext / Annotation
Ein gesichtsloser Mann - und sein Porträtist. Allein reist der namenlose Erzähler und Maler ziellos durch Japan. Schließlich zieht er sich in ein abgelegenes Haus, das einem berühmten Künstler gehört, zurück. Eines Tages erhält er ein äußerst lukratives Angebot. Er soll das Porträt eines reichen Mannes anfertigen. Nach einigem Zögern nimmt er an, und Wataru Menshiki sitzt ihm fortan Modell. Doch der Ich-Erzähler findet nicht zu seiner alten Fertigkeit zurück. Das, was Menshiki ausmacht, kann er nicht erfassen. Wer ist dieser Mann, dessen Bildnis er keine Tiefe verleihen kann? Durch einen Zufall entdeckt der junge Maler auf dem Dachboden ein meisterhaftes Gemälde. Es trägt den Titel >Die Ermordung des Commendatore<. Er ist wie besessen von dem Bild, mit dessen Auffinden zunehmend merkwürdige Dinge um ihn herum geschehen, so als würde sich eine andere Welt öffnen. Mit wem könnte er darüber reden? Da ist keiner außer Menshiki, den er kennt. Soll er sich ihm wirklich anvertrauen? Als er es tut, erkennt der Ich-Erzähler, dass Menshiki einen ungeahnten Einfluss auf sein Leben hat. »Einer der genialsten Erzähler der Welt!« DENIS SCHECK

HARUKI MURAKAMI, 1949 in Kyoto geboren, lebte längere Zeit in den USA und in Europa und ist der gefeierte und mit höchsten Literaturpreisen ausgezeichnete Autor zahlreicher Romane und Erzählungen. Sein Werk erscheint in deutscher Übersetzung bei DuMont. Zuletzt erschienen die Romane >Die Ermordung des Commendatore< in zwei Bänden (2018), in einer Neuübersetzung >Die Chroniken des Aufziehvogels< (2020), der Erzählband >Erste Person Singular< (2021), >Murakami T< (2022) und >Honigkuchen< (2023).

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

2 WAHRSCHEINLICH LANDEN WIR ALLE AUF DEM MOND

»Es tut mir sehr leid, aber ich kann nicht mehr mit dir zusammenleben«, eröffnete mir meine Frau ruhig und verfiel dann in ein langes Schweigen.

Ihre Ankündigung brach völlig unvorhergesehen und überraschend über mich herein. So abrupt kam sie, dass es mir die Sprache verschlug und ich nur stumm abwarten konnte, was sie weiter zu sagen hatte. Nicht, dass ich noch auf einen positiveren Ausblick hoffte, aber ich konnte einfach nichts anderes tun, als auf ihre nächsten Worte warten.

Wir saßen einander gegenüber an unserem Küchentisch. An einem Sonntagnachmittag Mitte März. Mitte April würde unser sechster Hochzeitstag sein. Seit dem Morgen fiel ein kalter Regen. Nach ihrer Ankündigung sah ich als Erstes aus dem Fenster, um den Zustand des Regens zu überprüfen. Es war ein unauffälliger, sanfter Regen. Es wehte kaum ein Wind. Dennoch brachte der Regen eine Kühle, die mich frösteln ließ und mir sagte, dass der Frühling noch in weiter Ferne lag. In der diesigen, regenverhangenen Luft glomm orangefarben der Tokio Tower. Kein Vogel flog am Himmel. Die Vögel kauerten wahrscheinlich, Schutz vor dem Regen suchend, unter irgendwelchen Dachtraufen.

»Du fragst mich gar nicht nach dem Grund«, sagte sie schließlich.

Ich legte den Kopf ein wenig schräg, was nicht Ja und nicht Nein bedeutete. Da mir partout nichts zu sagen einfiel, zuckte ich nur reflexartig mit den Schultern.

Sie trug einen dünnen violetten Pullover mit weitem Ausschnitt. Er war an einer Seite verrutscht, und an ihrem Schlüsselbein schaute der weiche Träger ihres weißen Unterhemdes hervor. Er sah aus wie eine besondere Nudelsorte, die man für ein spezielles Pastagericht benutzte.

»Doch, eine Frage hätte ich«, sagte ich endlich, ohne meinen Blick von dem Träger lösen zu können. Meine Stimme klang steif, und es fehlte ihr eindeutig an Wärme und Zuversicht.

»Gern, wenn ich sie beantworten kann.«

»Bin ich daran schuld?«

Sie dachte einen Augenblick lang nach. Dann hob sie den Kopf und holte tief Luft, als wäre sie lange unter Wasser gewesen.

»Nicht direkt, glaube ich.«

»Nicht direkt?«

»Nein, glaube ich nicht.«

Ich erwog den subtilen Beiklang ihrer Worte. Als würde ich das Gewicht eines rohen Eis in meiner Handfläche prüfen. »Das heißt also, indirekt ja?«

Meine Frau antwortete nicht auf meine Frage. »Vor einigen Tagen hatte ich gegen Morgen einen Traum«, sagte sie stattdessen. »Er war so lebendig, dass ich die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit nicht ziehen konnte. Und als ich aufwachte, dachte ich, nein, wusste ich, dass ich nicht länger mit dir zusammenleben kann.«

»Was war das für ein Traum?«

Sie schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, aber den Inhalt kann ich dir nicht erzählen.«

»Weil der Traum etwas zu Persönliches enthielt?«

»Kann sein.«

»Kam ich auch in diesem Traum vor?«, fragte ich.

»Nein. In diesem Sinne trägst du auch keine direkte Verantwortung.«

Zur Sicherheit fasste ich noch einmal zusammen, was sie gesagt hatte. Ich hatte es mir schon früh angewöhnt, die Aussagen von Gesprächspartnern zusammenzufassen, wenn ich nicht wusste, was ich dazu sagen sollte (ich brauche nicht zu erwähnen, dass das manchen Leuten ganz schön auf die Nerven fällt).

»Das heißt also, du hattest vor einigen Tagen einen sehr realistischen Traum. Und als du aufwachtest, warst du dir sicher, dass du nicht länger mit mir zusammenleben kannst. Aber den Inhalt dieses Traums kannst du mir nicht mitteilen, da es in diesem Traum um etwas sehr Persönliches ging. Ist es so?«

Sie nickte. »Ja, genau.«

»Aber das erklärt doch gar nichts.«

Sie legte beide Hände auf den Tisch und blickte in den Kaffeebecher, der vor ihr stand, als wollte sie etwas daraus lesen. Ihrem Blick nach zu schließen handelte es sich um einen ziemlich symbolträchtigen und